Logenplatz - Danzig 2011 |
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ZeitBlende: Anmerkungen und
Kommentare
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Das Leben schreibt die besten
Geschichten.
Das Leben liefert auch die besten
Fotomotive
"Zusammenhalten"
- und seine Folgen
Zu Beginn der Adventszeit schicken
wir an Freunde und Bekannte seit fast 30 Jahren einen selbst gestalteten
Gruß. In der Anfangszeit wurde er mit COREL DRAW gestaltet, heute mit
Photoshop. Immer wieder erhielten wir positive Resonanz, zumal sich
unsere Grüße - entsprechend unserer Bilder - meist kritisch-aktuell
offenbarten.
Doch 2020 war alles noch ganz anders. Mitten im
zweiten Lockdown der Corona-Pandemie gestalteten wir einen Gruß, der
wohl den Nerv des Augenblickes traf. Eine DIN-A-3 Karte, gefaltet zu
DIN-A-4, außen mit einem kleinen Fenster (mit viel Mühe und vorsichtiger
Handarbeit selbst geschnitten), in dem zwei alte Hände zu sehen sind.
"Zusammenhalten", so hieß unser adventlicher Gruß:
Aufgeklappt sah man dann das
alte Ehepaar, 1982 in Brokdorf
getroffen und abgelichtet. Die
darauf folgende Resonanz hatten wir
nicht erwartet. Zahlreiche Biefe,
Karten und EMails - zum großen Teil
betroffen und gewissermaßen
"getroffen".
Auch unserem
evangelischen - und sehr
progressiven - Pfarrer Dr. Christian
Braune (Hamburg) schickten wir einen
Gruß. Dieser meldete sich abends
aufgeregt. Er wolle seine Predigt
ändern und auf diesen Gruß
abstimmen. Seinem Wusch nach
weiteren 80 Karten (allerdings
kleiner und nicht mit Fenster,
sondern mit Eindruck) kamen wir
gerne nach. Die beiden
Gottesdienste, in denen er diese
Grußkarten verteilte, bleiben wohl
allen unvergessen. Für Dr. Braune
war dieses Foto "DAS Advents- und
Weihnachtsfoto des Jahres 2020".
Stimmen zu unserer Fotografie – aus
Laudatien, Pressekritiken und von
Ausstellungsbesuchern
Andreas Pecht, Kulturedakteur:
> Alles Aufnahmen in Schwarz-weiß,
spontan, ungestellt und unverfälscht
aus dem Strom der Realität
hierzulande und anderwärts
herausgefischt. Humorige und
skurrile, poetische und
nachdenkliche, ernste bis
erschütternde Augenblicke, allesamt
von den Zufällen der Wirklichkeit
inszeniert. <
> Warum hacke ich hier auf den
dunklen Seiten des Mediums herum? Um
sie einzustimmen auf deren
Gegenteil. Um sie empfindsam zu
machen für die Begegnung mit ...
Fotos, die teils einem ganz anderen
Verständnis von Journalismus
entspringen oder sich teils von der
journalistischen Zweckbindung völlig
emanzipiert haben. <
> Diese in einem Zeitraum von mehr
als 30 Jahren entstandenen Fotos
haben eines gemeinsam: Das Bemühen
ihrer beiden Schöpfer um
Wahrhaftigkeit. <
> Die Bildauswahl für diese
Ausstellung war subjektiv. Ebenso
wie zuvor draußen in der Welt Gabi
Novak-Oster und Detlef Oster jedes
mal aus subjektiver Spontanität
heraus entschieden haben, dieses
oder jenes Motiv abzulichten. <
> Weil beide, Gabi Novak-Oster und
Detlef Oster, ursprünglich von der
schreibenden Zunft kommen und dem
Schreiben Zeit ihres Berufslebens
auch treu blieben, wissen sie: Ein
Bild sagt NICHT mehr als tausend
Worte – es sagt etwas anderes und
sagt es anders als das Wort. <
> Mag sein, es war diese Eigenart
der Fotografie, die beide dazu
verlockte, dem Medium in ihrem
beruflichen wie privaten Leben einen
stetig größer werdenden Raum zu
geben. Bis schließlich in Richtung
Ruhestand das Fotografieren zur
primären Passion geworden ist und
die Sphäre des Journalismus vollends
verlassen hat. <
> Wir waren
beim „Bemühen um Wahrhaftigkeit“,
das ich in den Ausstellungsbildern
zu erkennen glaube. Dieses Bemühen
kommt schon in Bedingungen zum
Ausdruck, die sich Gabi und Detlef
selbst auferlegt haben: Kein Bild
wird motivisch verändernd
nachbearbeitet, keines als
Ausschnitt einem größeren Foto
entnommen, jedes Bild bleibt in
seiner aufgenommenen Ganzheit
erhalten; kein Motiv wird gestellt,
sondern alle sind vom wirklichen
Leben hier und anderwärts vor die
Kamera gespült. <
> Oder sagen wir besser: Vor die
Kameras (Mehrzahl). ….Denn die
beiden waren und sind sehr viel
gemeinsam unterwegs, und sehr oft
fällt ihnen gleichzeitig dasselbe
Motiv ins Auge. Dann zückt jeder
seinen Apparat und beide halten
drauf. So war in der Fotosammlung
des Paares bald kaum mehr
unterscheidbar, welche Aufnahme von
wem stammt....
… Diese
Zuordnung ist ihnen inzwischen
gleichgültig geworden. Weshalb Sie,
meine Damen und Herrn, in der
jetzigen Ausstellung auch keine
namentlich differenzierende
Auszeichnung finden werden.
Verstehen Sie die Fotos der beiden
als eine Art Kollektiv-Oeuvre. <
> Einer der verrücktesten Aspekte an
dieser Ausstellung ist: Jeder von
uns begegnet im Alltag oder auf
Reisen Bildmotiven, wie den von Gabi
und Detlef festgehaltenen. Aber kaum
einer sieht sie, wir sind
gewissermaßen blind dafür. <
> Kaum einer erkennt die
vielschichtigen oder poetischen oder
witzigen oder auch erschütternden
Botschaften – die die Wirklichkeit
wieder und wieder für kurze Momente
zu hinreißenden Szenen inszeniert.
<
> Das Leben schreibt die
besten Geschichten, heißt es. Das
Leben stellt auch die besten
Fotomotive. <
> Den
besonderen Augenblick in der steten
Flut der Realität sehen, die
Intensität dieses Augenblicks
spontan spüren und dann mit einem
Grundrespekt vor den „Opfern“ die
Kamera draufhalten: Das ist das
Geheimnis der Momentaufnahmen von
Gabi Novak-Oster und Detlef
Oster....
...Fotos können Aspekte
des Menschlichen ausdrücken und
Empfindungen auslösen, für die es
womöglich gar keine Worte gibt.
Fotos können Wirkungen von einer
Unmittelbarkeit entfalten wie gutes
Ballett oder Instrumentalmusik:
Unter Umgehung der Ratio schlagen
sie ein Brücke direkt zum Herzen.
<
> Oft sind ihnen beim
Drücken des Auslösers die Qualitäten
des Motivs gar nicht bewusst. Sie
spüren nur intuitiv: das hat was, da
ist was. Vielfach werden erst beim
nachherigen Betrachten der Fotos
Raffinessen und bisweilen komplexe
Hintergründigkeiten der
fotografierten Szenerie
deutlich.<
> ...lassen Sie
sich Zeit beim Betrachten der Fotos,
auch mehrfaches Hinschauen lohnt
sich: Denn in jedem großen Bild
stecken meist mehrere kleine und
hinter der Grundstimmung einer
Aufnahme verbergen sie allerhand
berührende Unterschwingungen oder
verblüffende Verweise.... >
>… und manches Bild bündelt ganze
Lebensgeschichten – solche die
hinter den Abgelichteten liegen und
solche, die womöglich noch vor ihnen
liegen.<
> Aber wir erkennen in den Bildern
die ganzheitliche Essenz von
gelebtem Leben, wie sie sich in
Gesichter, Körper, Haltungen etwa
alter Menschen eingegraben hat.
<
> Senioren und Greise sind in
der Ausstellung zahlreich vertreten.
So unterschiedlich deren
Verhärmungen ausfallen mögen, lassen
ihnen die Bilder doch eine
faszinierende und auf
unterschiedliche Weise tief
beeindruckende Würde. <
> Kein Foto ohne Menschen drauf:
elende, traurige, vergnügte und
spleenige, verschlafene oder aktive,
bei sich seiende oder nur in der
Welt seiende, immer wieder auf
irgendetwas oder irgendjemanden
wartende... <
> Das sind Momentaufnahmen aus dem
Dasein individueller Angehöriger
unserer seltsamen Spezies.
Momentaufnahmen, die trotz ihres
Einzelfallcharakters selbst heraus
immer wieder exemplarische
Dimensionen annehmen. <
> Das sind Aufnahmen, die niemanden
von irgendetwas überzeugen möchten
und keinem irgendetwas verkaufen
wollen – die aber gerade wegen
dieses Bemühens um Wahrhaftigkeit
uns zu genauem Hinschauen anregen.<
> Auf solches Hinschauen folgt das
Abenteuer des Innehaltens, des
Entdeckens, Interpretierens,
Fühlens, Nachdenkens. Nicht mehr,
nicht weniger – doch das ist
ziemlich viel heutzutage. <
>
Weder inszenieren noch manipulieren
sie. Ihre Fotografien entstehen aus
dem Moment. Das Ehepaar Gabi
Novak-Oster und Detlef Oster halten
mit ihren Kameras Augenblicke fest,
die, so flüchtig sie scheinen mögen,
doch (Lebens-)Geschichten erzählen
und bündeln. <
Anke Hoffmann,
Kultur-Journalistin:
>
Wahrlich lassen manche Motive den
Betrachter mit ihrer feinen
Situationskomik lächeln, etwa, wenn
ein Mann seine Frau auf einer
Landungsbrücke an der See aus
nächster Nähe knipst und doch nur
das Gähnen der Holden einfängt. Und
da sind auch die anderen Bilder,
jene, die von Leid und Entbehrung
erzählen, die betroffen machen und
unmittelbar berühren, ohne die
Abgebildeten vorzuführen <
Horst Dany, Diakon:
> Die beiden Fotografen haben den
Verschluss ihrer Kameras nicht nur
ganz kurz geöffnet. Sie haben ihn –
im übertragenen Sinne – 32 Jahre
geöffnet. Von 1978, als sie sich
kennenlernten und begannen gemeinsam
zu fotografieren, bis heute. Fast
vier Jahrzehnte, das ist eine lange
(Film)Entwicklung aber ich glaube,
auch eine Entwicklung im Leben der
Beiden. Beide Jahrgang 50, wurden
sie in eine Schwarzweiß-Welt
hineingeboren und sind in eine
farbige Welt hinein gewachsen.... >
> … Doch das Fotografieren in
Schwarzweiß hat sie nie losgelassen,
weil Schwarzweiß, so haben sie es
mir erklärt, auf das Wesentliche
reduziert und daher authentischer
und ehrlicher wirkt. Authentisch und
ehrlich, so erleben wir auch Euch,
liebe Gabi und lieber Detlef, und
das macht auch unsere Freundschaft
so wertvoll. <
Birgit Pielen, Redakteurin:
> Das Besondere verbirgt sich im
Alltäglichen, man muss nur ganz
genau hinschauen: auf die Momente
des Glücks, der Unbeschwertheit, der
Zweisamkeit, auf die Augenblicke des
Anfangs und des Abschieds. <
> Gabi Novak-Oster und Detlef Oster
fangen Bilder ein, die typisch für
den einen Moment sind und
gleichzeitig viel über das Davor und
Danach aussagen. <
> Vergangenes Jahr in Hamburg, das
Paar ist in einem Kaufhaus
unterwegs, die Kamera steckt
griffbereit in der Tasche. Auf einer
Rolltreppe erhascht Detlef Oster
diesen einen besonderen Augenblick:
„Es wird die Zeit kommen, da du
glaubst, alles sei geschafft. Das
ist der Anfang.“ Unter dem Zitat des
amerikanischen Schriftstellers
sitzen Mann und Frau auf einer Bank,
einander zugewandt, und schauen sich
fragend an. Lernen sie sich gerade
erst kennen? …
…
Oder sind sie schon lange ein Paar
und haben sich gerade über Sinn und
Unsinn der Einkäufe unterhalten? Der
Mann schaut zwar mit überlegenem
Blick auf die Frau, aber er ist es,
der die Einkaufstasche schleppt. In
dieser Paar-Konstellation hat wenig
anderes Platz. Eine zweite Frau
sitzt deshalb am anderen Ende der
Bank und wendet sich ab. <
> „Unsere Fotos sind
außergewöhnlich, weil sie nicht
außergewöhnlich sind“, sagen Gabi
Novak-Oster und Detlef Oster. „Es
ist Alltagsfotografie.“ Und doch
sind die Momente durch Ausdruck und
Aussage so intensiv, dass man
stundenlang von ihnen zehrt. <
> Die Bilder sind eine besondere
Form der journalistischen
Fotografie: Dokumente des Alltags.
„Es gibt nichts Gestelltes, nichts
Reißerisches, nichts Spektakuläres“,
sagt das Koblenzer Ehepaar, beide
Jahrgang 1950.<
> Wenn sie
von Auslandsreisen zurückkehrte,
hatte sie hunderte von Fotos im
Gepäck. Vor dem Zeitalter der
digitalen Fotografie rief sie vom
Flughafen stets ihren Mann an: „Ich
habe zwölf Filme ... „ Zu Hause
wurden dann sofort Entwickler und
Fixierer angesetzt. <
>
Aus dieser Zeit stammt auch das Bild
von Natascha, einem Kind, das nach
dem Super-GAU von Tschernobyl an
Krebs erkrankte. Gabi Novak-Oster
trifft Natascha in einem
Krankenhaus, das kahlköpfige Mädchen
zeigt ihr ein Foto: „Das war ich!“
Natascha war vor der Chemotherapie
ein Kind mit halblangen dunklen
Haaren, fröhlichem Lachen und voller
Unbeschwertheit. Und jetzt?
Traurige, fragende Blicke. <
> Während dieses Foto der
Fotografin klar zuzuordnen ist, gibt
es viele Bilder, bei denen keiner
weiß: Hat sie oder hat er
fotografiert? Gabi Novak-Oster und
Detlef Oster haben denselben Blick,
dieselbe Bildsprache. Sie nennen es
Leidenschaft für den leisen
Journalismus. <
> Gabi Novak-Oster und Detlef Oster
fotografieren am liebsten in
Schwarz-Weiß. Das lässt in feinen
Graustufen eine Konzentration auf
das Wesentliche zu. Auch wenn das
Leben bunt ist: In den Bildern wird
es reduziert auf Beziehungen – von
Mensch zu Mensch oder von Mensch zu
Umwelt. <
> Da ist das alte Ehepaar in
Brokdorf, das einen Gartenweg
entlang spaziert. Jeder hält einen
Stock in der einen Hand, in der
anderen die Hand des geliebten
Partners. Ihr langes Glück wirkt
trotz der Gebrechlichkeit des Alters
nicht geschwächt. <
> Andere
Paarbeziehungen entdecken Gabi
Novak-Oster und Detlef Oster bei
ihren vielen Nord- und
Ostseeurlauben. In Ahlbeck auf
Usedom ist es das vornehme, fast
bekleidete Paar, das am Strand an
einem fast nackten Paar in Bikini
und Badehose vorbei aufs Meer
blickt. <
> ... Lebensfreude und Leichtigkeit,
Liebe und Leid finden sich in den
Fotos wieder – und geben einen
wahrhaften Blick auf den Menschen
frei. Gabi Novak-Oster und Detlef
Oster halten zwar scheinbar
unbeobachtete, intime Momente fest,
aber sie lassen ihren Motiven immer
die Würde. <
Rena Lehmann, Redakteurin:
> „Wo ist der Hund? Such mal den
Hund“, sagt sie zu ihrem Mann, als
sie beide wieder vor dem großen
Karton mit Fotodrucken in ihrer
Wohnung sitzen. Er sucht ... er hat
„den Hund“ schließlich gefunden. Das
Foto zeigt einen Bettler, der am
Straßenrand sitzt, an ein Haus
gelehnt. Auf seinem Pappschild
steht: „Armer Hund, ohne Hütte ohne
Knochen.“
Neben ihm ein Hinweisschild am Haus
mit der Aufschrift: „Hunde bitte
hier anleinen.“ Es ist ein Foto, das
mehr sagt als viele Worte und das
seinen Betrachter nachdenken lässt.
So ein Motiv kann man nicht suchen
und finden, so ein Motiv muss man
sehen. Weil solche Momente nicht
planbar sind, gehen beide Fotografen
nie ohne Kamera aus dem Haus. Für
Detlef Oster war das Foto vom „armen
Hund“ der Anfang „seines Stils“, der
sozialkritischen Fotografie, die
seine Frau gleichermaßen fasziniert.
<
> Beide wollen auch Missstände mit der Kamera einfangen, überraschen,
aufrütteln. Der Mensch ist ihr
beider Motiv, in seinem Elend,
seinem Glück, im Alltag. „Wir wären
beide nicht für die
Landschaftsfotografie geeignet“,
sagt Gabi Novak-Oster. <
> Sie fotografieren in Schwarz-Weiß,
wollen Kontraste, aber auch Grautöne
zeigen. Das Leben abbilden, so wie
es ist.„Unsere Fotos erzählen
Geschichten“, sagt Gabi Novak-Oster.
„Und sie erzählen auch unsere
Geschichte.“ <
Helga Dröge, Kempen:
> Der "kleine Prinz" sagt: "... denn
das Eigentliche ist unsichtbar". Sie
haben es sichtbar gemacht,
eingefangen in Schwarz-Weiß, mit
Herz und Verstand. Einige Fotos
machen traurig - viele nachdenklich
- und dann doch viele mit dem
Augenzwinkern, zum Schmunzeln.
Bilder mit prägnanten Titeln.
Anrührend und schön.<
Eva Langhanky,
Diplom-Sozialpädagogin:
> Ich habe das Gefühl, das Foto
holt mich jeweils regelrecht ins
Bild und es beginnt eine
Lebensgeschichte zu erzählen, an der
ich plötzlich teilnehme. Die
vermeintlich kleinen Momente, die
Sie eingefangen haben, mit der
Geschichte, den Erfahrungen, den
Emotionen eines Lebens … der
Verzweiflung und Not, aber auch
Hoffnung und Trost… <
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